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Übersetzung: Friederike Gehrmann Lektorat: Philipp Markl
Es gab eine Zeit, in der wir große Probleme lösten.
Am 21. Juli 1969 kletterte Buzz Aldrin
aus der Mondlandefähre Apollo 11
und stieg hinab auf das Meer der Ruhe.
Armstrong und Aldrin waren allein,
aber ihre Gegenwart auf der grauen Mondoberfläche
war der Höhepunkt eines ausdauernden, gemeinschaftlichen Bestrebens.
Das Apollo-Programm war die größte
Friedensmobilisierung
in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika.
Um zum Mond zu gelangen, investierte NASA
ungefähr 180 Milliarden Dollar entsprechend dem heutigem Wert,
oder vier Prozent des Bundeshaushaltes.
Apollo schuf Arbeitsplätze für 400.000 Menschen
und erforderte die Zusammenarbeit von 20.000
Unternehmen, Universitäten und Behörden.
Menschen starben, darunter auch die Besatzung der Apollo 1.
Aber bis zum Ende des Apollo-Programms
flogen 24 Menschen zum Mond.
Von den zwölf, die seine Oberfläche beschritten, ist Aldrin,
nach dem Tod von Armstrong im letzten Jahr,
jetzt der älteste.
Doch warum gingen sie?
Sie brachten nicht viel zurück:
380 Kilogramm altes Gestein
und etwas, was alle 24 später betonten –
einen neuen Sinn dafür, dass unser gemeinsames Zuhause
klein und zerbrechlich ist.
Warum gingen sie? Zynisch gesehen gingen sie,
weil Präsident Kennedy den Sowjets zeigen wollte,
dass seine Nation die besseren Raketen hatte.
Aber Kennedys eigene Worte von 1962 an der Rice University
geben einen besseren Hinweis.
(Video) John F. Kennedy: "Warum der Mond?", fragen sich manche.
Warum wählen wir ihn zu unserem Ziel?
Und man könnte genauso gut fragen,
warum sollte man den höchsten Berg erklimmen?
Warum flogen wir vor 35 Jahren über den Atlantik?
Warum spielt Rice gegen Texas?
Wir haben uns entschlossen, zum Mond zu fliegen –
wir haben uns entschlossen, zum Mond zu fliegen.
(Applaus)
Wir haben uns entschlossen, noch in diesem Jahrzehnt zum Mond zu fliegen
und andere Dinge zu tun,
nicht, weil sie leicht wären, sondern gerade, weil sie schwierig sind.
Jason Pontin: Für Zeitgenossen
war Apollo nicht nur ein Sieg des Westens über den Osten
während des Kalten Krieges.
Zu jener Zeit war das stärkste Gefühl
ein Gefühl des Erstaunens
über die übernatürlichen Kräfte von Technologie.
Sie flogen zum Mond, weil es etwas Großartiges war.
Die Mondlandung geschah vor einer Kulisse
einer langen Serie technologischer Triumphe.
Aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kamen
das Fließband und das Flugzeug,
Penicillin und ein Impfstoff gegen Tuberkulose.
In der Mitte des Jahrhunderts
waren Polio und die Pocken ausgerottet.
Technologie schien etwas an sich zu haben,
was Alvin Toffler 1970
einen "beschleunigenden Vorstoß" nannte.
Für den Großteil der menschlichen Geschichte
konnten wir uns nicht schneller als ein Pferd
oder ein Boot mit Segeln fortbewegen,
aber im Jahr 1969 flog die Mannschaft der Apollo 10
mit einer Geschwindigkeit von ca. 40.200 Kilometern pro Stunde.
Seit 1970 waren keine menschlichen Wesen
mehr auf dem Mond.
Niemand hat sich je schneller bewegt als die Besatzung
der Apollo 10,
und der unbekümmerte Optimismus über die Macht der Technologie
ist verdampft.
Denn die großen Probleme, die wir mit Technologie zu lösen gehofft hatten,
zum Beispiel zum Mars zu fliegen,
saubere Energie zu produzieren, Krebs zu heilen,
oder die Welt vom Hunger zu befreien, scheinen mittlerweile
unlösbar schwierig.
Ich erinnere mich noch daran, wie ich als Fünfjähriger
das Abheben der Apollo 17 sah
und meine Mutter mich warnte, nicht zu sehr
in den feurigen Auspuff der Saturn-V-Rakete zu schauen.
Ich hatte eine Ahnung, dass dies die letzte
Mondmission sein würde,
aber ich war mir hundertprozentig sicher, dass es
noch in meinem Leben Kolonien auf dem Mars geben würde.
Der Ausspruch "etwas geschah
mit unserer Fähigkeit, große Probleme mit Technologie zu lösen",
ist zu einer Plattitüde geworden.
Man hört es überall.
Wir haben es hier in den letzten zwei Tagen bei TED gehört.
Es kommt einem vor, als hätten uns Technologen abgelenkt
und sich selbst mit belanglosen Spielzeugen bereichert.
Mit Dingen wie iPhones und Apps und sozialen Medien,
oder Algorithmen, die automatischen Geschäftsverkehr beschleunigen.
Es ist ja nichts falsch mit den meisten dieser Dinge.
Sie haben unser Leben verlängert und bereichert.
Doch sie lösen nicht die großen Probleme der Menschheit.
Was ist passiert?
Es gibt da eine biedere Erklärung aus dem Silicon Valley,
wo man zugibt, dass in letzter Zeit weniger ehrgeizige Unternehmen gefördert wurden
als in den Jahren, in denen
Intel, Microsoft, Apple und Genentech finanziert wurden.
In Silicon Valley sagt man, die Märkte wären Schuld,
im Besonderen die Prämien, welche Risikoanleger
den Unternehmen bieten.
Silicon Valley sagt, dass Risikoinvestoren
sich davon weg bewegt haben, weltverändernde Ideen zu unterstützen,
und stattdessen wachsende Probleme
oder sogar erfundene Probleme fördern.
Aber diese Erklärung ist mir nicht gut genug.
Es erklärt hauptsächlich, was mit Silicon Valley nicht stimmt.
Selbst zu ihren risikofreundlichen Zeiten
zogen Risikoinvestoren kleine Anlagen vor.
Winzige Investitionen mit einer Ausstiegsmöglichkeit innerhalb von 10 Jahren.
Investoren hatte schon immer Mühe,
rentabel in Technologien wie Energie zu investieren,
welche ein enormes Eigenkapital erfordern
und deren Entwicklung lang und langwierig ist,
und Risikoinvestoren haben nie, niemals die Entwicklung von
Technologien finanziert, die große Probleme ohne unmittelbaren
kommerziellen Wert lösen.
Nein, die Gründe, warum wir keine großen Problem lösen können,
sind komplizierter und tiefgründiger.
Manchmal entscheiden wir bewusst, nicht die großen Probleme zu beheben.
Wir könnten zum Mars fliegen, wenn wir wollen.
NASA hat sogar schon einen Plan entworfen.
Aber zum Mars zu fliegen wäre eine politische Entscheidung
von öffentlicher Beliebtheit und deshalb wird es nie passieren,
Wir werden nicht zum Mars fliegen, weil jeder denkt,
dass es hier auf der Erde wichtigere Dinge gibt,
die getan werden müssen.
Ein anderes Mal können wir die großen Probleme nicht lösen,
weil unsere politischen Systeme scheitern.
Heute kommen weniger als zwei Prozent
des Energieverbrauchs der Erde
von fortgeschrittenen, erneuerbaren Quellen,
wie Solarenergie, Wind und Biokraftstoff,
weniger als zwei Prozent,
und der Grund dafür ist rein wirtschaftlich.
Kohle und Erdgas sind günstiger
als Solarenergie und Wind
und Erdöl ist billiger als Biokraftstoff.
Wir alle wollen alternative Energiequellen,
die preislich mithalten können. Aber es existieren keine.
Nun ist es so, dass Entwickler, Unternehmensführer
und Wirtschaftswissenschaftler im Prinzip alle der gleichen Meinung darüber sind,
welche nationalen Praktiken und internationalen Abkommen
die Entwicklung von alternativen Energien vorantreiben würden:
Hauptsächlich ein erheblicher Zuwachs in der
Forschung und Entwicklung von Energietechnologien
und ein erhöhter Preis für Kohlenstoff.
Aber in dem derzeitigen politischen Klima gibt es keine Hoffnung,
dass die Energiepolitik der USA oder die internationalen Abkommen
diese Meinungen aufnehmen und wiedergeben werden.
Manchmal sind tiefgründige Probleme, die technisch lösbar erschienen,
doch nicht so.
Es wurde lange geglaubt, dass Hungersnöte am Scheitern
der Lebensmittelversorgung liegen.
Aber 30 Jahre Forschung haben uns gelehrt,
dass Hungersnöte politische Krisen sind,
die katastrophale Auswirkungen auf die Lebensmittelverteilung haben.
Technologien können Dinge wie Ernteertrag
oder Systeme wie Lagerung und Transport von Lebensmitteln verbessern,
aber es wird Hungersnot geben, solange es mangelhafte Regierungen gibt.
Letztlich werden großen Problemen manchmal die Lösungen entzogen,
weil wir das Problem nicht richtig verstehen.
Präsident Nixon erklärte 1971 dem Krebs den Krieg,
aber man fand bald heraus,
dass es viele Arten von Krebs gibt,
von welchen die meisten verflixt widerstandsfähig gegen Therapie sind,
und erst seit den letzten 10 Jahren
scheinen effektive, realistische Therapien
Wirklichkeit zu werden.
Schwierige Probleme sind schwierig.
Es stimmt nicht, dass wir große Probleme nicht mit Technologien lösen können.
Wir können, wir müssen es, aber dazu müssen diese vier Elemente
alle vorhanden sein:
Führende Politiker und die Öffentlichkeit müssen daran interessiert sein,
ein Problem zu lösen;
Institutionen müssen die Lösung unterstützen;
es muss wirklich ein technisches Problem sein;
und wir müssen es verstehen.
Die Apollomission,
die zu einer Art Metapher wurde
für die Fähigkeit der Technologie, große Probleme zu lösen,
erfüllte diese Kriterien.
Aber dies ist ein Modell, was in der Zukunft nicht wiederholt werden kann.
Es nicht das Jahr 1961.
Es gibt keinen dramatisch-mitreißenden Kampf wie den Kalten Krieg,
keinen Politiker wie John Kennedy,
der alles schwierige und gefährliche zu einer Heldentat macht,
und keine beliebte Science-Fiction-Mythologie
wie die Erforschung des Sonnensystems.
Am allermeisten jedoch, war es am Ende einfach,
zum Mond zu fliegen.
Er war nur drei Tage entfernt.
Und es ist diskutabel, ob das wirklich ein
ernsthaftes Problem gelöst hat.
Wir sind auf uns selbst gestellt
und die Lösungen der Zukunft werden schwieriger zu erreichen sein.
Weiß Gott, es fehlt uns jedenfalls nicht an Herausforderungen.
Vielen Dank.
(Applaus)