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Morbus Crohn und Colitis ulcerosa - Worin unterscheiden sie sich?
Der Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa sind chronisch-entzündliche Darmerkrankungen.
In diesem Podcast sollen die Unterschiede in Bezug auf die Ursachen, die Klinik und die
Komplikationen besprochen werden. Es wird auch auf die Diagnostik eingegangen.
Ursachen
Der Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa sind multifaktorielle Erkrankungen. Die genauen Ursachen sind jedoch nicht bekannt. Es werden
eine Vielzahl von Ursachen diskutiert - eine Kombination aus genetischer Disposition und
Umweltfaktoren ist wahrscheinlich. Ein wichtiges Element in der Pathophysiologie
scheint die Störung der Barrierefunktion des Darmes zu sein. Hierbei gelangen Bakterien
der normalen Darmflora in die Schleimhaut und rufen dort eine chronische Entzündung
hervor.
Die genetische Disposition ist beim Morbus Crohn im Vergleich zur Colitis ulcerosa stärker
ausgeprägt. Dies lässt sich an den folgenden Punkten erkennen.
Beide Erkrankungen treten vor allem zwischen dem 15. und dem 35. Lebensjahr auf. Der Morbus
Crohn kann allerdings auch schon früh im Kindesalter beginnen. Die Colitis ulcerosa
ist hier eher seltener und wird meist erst nach der Pubertät manifest.
Eine Vielzahl von Genen ist mit den beiden Erkrankungen assoziiert. Erwähnenswert ist
die Mutation im NOD2-Gen, die etwa bei der Hälfte der Morbus Crohn-Patienten gefunden
werden kann. Insbesondere Patienten, die schon im Kindesalter erkranken, haben gehäuft NOD2-Mutationen.
NOD2 ist in den Darmzellen wichtig für die Erkennung von Bakterienbestandteilen und die
Aktivierung des Immunsystems. Die NOD2-Mutation kann auch bei einem kleinen Teil der Colitis
ulcerosa-Patienten gefunden werden. Es ist aber noch nicht klar, ob NOD2 eine Bedeutung
bei der Krankheitsentstehung hat.
Raucher erkranken im Vergleich zu Nichtrauchern häufiger an Morbus Crohn. Sie zeigen auch
einen schwereren Krankheitsverlauf. Deshalb muss Patienten mit einem Morbus Crohn dringend
empfohlen werden mit dem Rauchen aufzuhören. Interessanterweise ist es bei der Colitis
ulcerosa umgekehrt: Bei dieser Erkrankung scheint Rauchen einen schützenden Effekt
zu haben. Raucher erkranken also seltener an einer Colitis ulcerosa als Nicht-Raucher.
Es ist zwar noch nicht endgültig geklärt, woran dies liegt, es scheint aber, dass das
Rauchen die Entzündungsreaktion der T-Zellen im Darm beeinflusst.
Klinik Der Morbus Crohn kann sich im gesamten Verdauungstrakt
manifestieren. Hauptlokalisation ist das terminale Ileum. Die Colitis ulcerosa ist hingegen auf
das Rektum und das Kolon beschränkt. Dies spiegelt sich auch im Namen der Colitis ulcerosa
wieder. Auf deutsch übersetzt also ulzeröse Entzündung des Dickdarms.
Der Morbus Crohn zeigt einen diskontinuierlichen Befall. Das Auftreten von entzündeten neben
gesunden Arealen wird als ‘skip lesions’ bezeichnet. Das Wort ‘Skip’ bezieht sich
auf das Auslassen von Darmarealen durch die Entzündung. Bei der Colitis ulcerosa breitet
sich die Entzündung dagegen kontinuierlich aus. Sie beginnt typischerweise im Rektum
und verläuft von distal nach proximal.
Auch in den Symptomen unterscheiden sich die beiden Erkrankungen. Der Morbus Crohn befällt
häufig den Dünndarm und präsentiert sich dementsprechend eher durch wässrige, nicht-blutige
Durchfälle. Der wässrige Durchfall entsteht auf zwei Wegen: Durch die Entzündung der
Darmwand kommt es zur Sekretion von Wasser ins Darmlumen. Zudem tritt auch eine Malabsorption
auf, die durch osmotische Vorgänge den wässrigen Durchfall verursacht.
Die Durchfälle bei der Colitis ulcerosa sind eher blutig-schleimig. Sie beruhen auf der
exsudativen Entzündung. Beim Morbus Crohn kann die Stuhlfrequenz nur
gering erhöht sein. Dieser kann sich in manchen Fällen sogar mit einer Obstipation infolge
einer Stenose des Darms präsentieren. Die Colitis ulcersa zeigt hingegen oftmals eine
stark erhöhte Stuhlfrequenz.
Schmerzen sind tendenziell beim Morbus Crohn im rechten Unterbauch lokalisiert und bei
der Colitis ulcerosa eher im linken Unterbauch. Diese Verteilung ist jedoch nur angelehnt
an die jeweils häufigere Lokalisation. Interessant ist dies für die möglichen Differentialdiagnosen.
Bei einer Erstmanifestion des Morbus Crohn ist die akute Appendizitis eine wichtige Differentialdiagnose.
Die Colitis ulcerosa kann hingegen klinisch einer Sigmadivertikulitis ähneln.
Komplikationen Intestinale Komplikationen
Beide Erkrankungen gehen mit Komplikationen am Darm und anderen Organen einher. Diese
werden als intra- und extraintestinale Komplikationen bezeichnet.
Zu den intestinalen Komplikationen zählen Stenosen, Abszesse, Fisteln und das kolorektale
Karzinom. Beim Morbus Crohn treten die Stenosen, Abszesse
und Fisteln häufiger auf. Fisteln finden sich in bis zu 40 % der Fälle und sind häufig
sogar das erste Symptom eines Morbus Crohn. Die Ursache hierfür liegt in der Ausbreitung
der Entzündung: Beim Morbus Crohn umfasst die Entzündung alle Darmschichten. Bei der
Colitis ulcerosa ist jedoch nur die Schleimhaut betroffen. Deshalb sind diese drei Komplikationen
häufiger beim Morbus Crohn und seltener bei der Colitis ulcerosa.
Das kolorektale Karzinom tritt hingegen häufiger bei der Colitis ulcerosa auf. Eine Entartung
ist prinzipiell auch beim Morbus Crohn mit Dickdarmbefall möglich, es ist aber wesentlich
seltener.
Extraintestinale Komplikationen Auch extraintestinale Komplikationen treten
bei beiden Erkrankungen auf. Für eine Reihe dieser Komplikationen spielt der Befall des
Dünndarms eine Rolle. Es kann zu einem Malabsorptionssyndrom mit Gewichtsabnahme, einem Vitamin-B12-Mangel
und einem Gallensäure-Mangel kommen. Durch die Entzündung des Dünndarms, insbesondere
des terminalen Ileums, können diese Substanzen nicht mehr so gut resorbiert werden.
Da der Morbus Crohn häufig den Dünndarm betrifft, sind diese Mangel-Syndrome folglich
häufiger als bei der Colitis ulcerosa. Sie sind aber auch bei einer Colitis ulcerosa
möglich, die nicht immer auf das Kolorektum begrenzt sein muss. Bei der Colitis ulcerosa
kann eine sogenannte ‘backwash ileitis’ auftreten. Der Begriff ‘backwash’ bezieht
sich auf die Annahme, das Darminhalt aus dem Zä*** zurück ins Ileum fließt und dort
die Entzündung verursacht. Es handelt sich also um eine Beteiligung des Ileums bei der
Colitis ulcerosa.
Es gibt auch eine Gruppe von extraintestinalen Manifestationen, die auf Autoimmunreaktionen
beruht. Die genauen Umstände sind noch nicht gut verstanden. Es scheint, dass im Rahmen
der chronischen Entzündung Antikörper und T-Zellen gebildet werden, die kreuzreaktiv
sind gegenüber anderen Organen. Es gibt eine Vielzahl von extraintestinalen Manifestationen
und fast jedes Organ kann betroffen sein. Die häufigsten Organe sind jedoch: die Haut,
die Augen, die Gelenke und die Leber.
Beim Morbus Crohn treten extraintestinale Manifestationen häufiger auf. Sie betreffen
vor allem die Organe Haut, Augen und Gelenke. Die Beteiligung der Leber ist allerdings eine
Komplikation, die häufiger bei der Colitis ulcerosa auftritt. Es handelt sich um eine
primär sklerosierende Cholangitis, kurz PSC. Sie tritt bei 3-5 Prozent der Patienten auf.
Der Zusammenhang beruht auf Autoantikörpern im Serum. pANCA-Antikörper sind assoziiert
mit einer PSC und finden sich auch bei ca. 70 Prozent der Colitis-ulcerosa-Patienten.
Demzufolge lässt sich gut merken: die PSC ist die häufigere Komplikation bei der Colitis
ulcerosa.
Diagnostik Wie wird nun die Diagnose in die eine oder
die andere Richtung gestellt? Mit der Anamnese und einem Abdomen-Ultraschall lässt sich
eine Verdachtsdiagnose stellen. Die endgültige Diagnose erfolgt auf der Basis
der drei Pfeiler: Endoskopie, Radiologie und Histologie.
Endoskopie: Die Endoskopie stellt den Goldstandard in
der Diagnostik dar. Für den Morbus Crohn sind neben dem diskontunierlichen Befallsmuster
weitere Ausprägungen typisch: längliche Ulzerationen (snail trails), ein Pflastersteinrelief
(cobble stone pattern) und Strikturen der Darmwand.
Die Colitis ulcerosa zeigt hingegen ein kontinuierliches Befallsmuster. Sie stellt sich zudem durch
eine gerötete Schleimhaut, Kontaktblutungen und oberflächliche Ulzera dar.
Radio: Die Radiologie bietet Methoden, um insbesondere
den Dünndarm zu untersuchen. Mit einer Koloskopie oder Gastroduodenoskopie kann dieser nämlich
nicht vollständig erreicht werden. Zur Anwendung kommen ein MRT oder ein Röntgen nach Sellink.
Sie beide funktionieren mit oralem Kontrastmittel. Von besonderem Interesse ist eine Untersuchung
des Dünndarms deshalb, weil so Läsionen des Morbus Crohn wie z.B. Wandverdickungen
oder Strikturen diagnostiziert werden können. In der Abbildung ist die Striktur des terminalen
Ileums gezeigt. Es lassen sich auch Fisteln und im MRT sogar Abszesse darstellen.
Neben dem Dünndarm kann aber auch der Dickdarm beurteilt werden. Bei der Colitis ulcerosa
kann der Dickdarm im fortgeschrittenen Stadium wie ein Schlauch aussehen. Dies beruht darauf,
dass im Verlauf der Erkrankung die Haustrierung des Dickdarms verloren geht. Es wird im Röntgenbild
auch als Fahrradschlauchaspekt bezeichnet. Histologie:
Die histologischen Proben bieten auch eine Möglichkeit zwischen den beiden Erkrankungen
zu differenzieren. Für den Morbus Crohn sind nicht-verkäsende Granulome mit Riesenzellen
wegweisend. Sie lassen sich bei ca. einem Drittel der Patienten finden und sind bei
der Colitis ulcerosa nicht nachweisbar. Dort sind Kryptenabszesse mit granulozytären Infiltraten
ein möglicher Befund.
Quiz Konntest du dir die Unterschiede in den Punkten
Ursachen, Klinik, Komplikationen und Diagnostik merken? Ordne im Quiz die Aussagen dem Morbus
Crohn oder der Colitis ulcerosa hinzu.