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Du hast dich in einem riesigen Regenwald verlaufen und einen Giftpilz gegessen.
Retten kann dich nur das Gegengift, das eine bestimmte Froschart produziert.
Leider produziert nur der weibliche Frosch das Gegengift,
und um das Ganze zu verschlimmern,
kommen männliche und weibliche Frösche gleich oft vor und sehen gleich aus.
Du kannst sie nicht auseinanderhalten,
außer, dass der männliche Frosch auf eine bestimmte Art quakt.
Vielleicht ist heute dein Glückstag.
Links von dir sitzt ein Frosch auf einem Baumstumpf,
aber bevor du loslaufen kannst,
hörst du das Quaken eines männlichen Frosches
von einer Lichtung auf der anderen Seite.
Dort siehst du zwei Frösche,
aber du weißt nicht, welcher das Geräusch gemacht hat.
Du beginnst das Bewusstsein zu verlieren,
und es wird dir klar, du hast nur Zeit für eine Richtung, bevor du zusammenbrichst.
Wie sind deine Überlebenschancen, falls du zur Lichtung läufst
und beide Frösche ableckst?
Und was, wenn du zum Baumstumpf läufst?
Wohin sollst du gehen?
Drücke nun auf "Pause", um deine Chancen selbst auszurechnen.
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Falls du dich für die Lichtung entschieden hast: Richtig!
Aber wie deine Chancen stehen, ist nicht so einfach auszurechnen.
Es gibt zwei häufige Irrtümer beim Lösen dieser Aufgabe.
Falsche Antwort Nummer 1:
Angenommen, die Anzahl der Männchen und Weibchen ist etwa gleich,
ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein beliebiger Frosch eins von beiden ist,
1 : 2, das ist 0,5 oder 50 Prozent.
Und da alle Frösche voneinander unabhängig sind,
ist die Wahrscheinlichkeit für ein Weibchen bei jeder neuen Auswahl 50 %.
Diese Logik stimmt für den Baumstamm,
aber nicht für die Lichtung.
Falsche Antwort Nummer 2:
Erst hast du zwei Frösche auf der Lichtung gesehen.
Jetzt weißt du, dass mindestens einer davon männlich ist,
aber wie wahrscheinlich ist es, dass beide männlich sind?
Beträgt die Wahrscheinlichkeit für jeden einzelnen Frosch, männlich zu sein, 0,5,
dann ergibt das Produkt aus beiden 0,25,
also 1 : 4 oder 25 %.
Somit hast du eine 75-prozentige Chance, mindestens ein Weibchen zu erwischen
und das Gegengift zu erhalten. [FALSCH!]
Hier ist nun die richtige Antwort:
Wenn du zur Lichtung läufst, beträgt deine Überlebenschance zwei Drittel
oder knapp 67 %.
Wenn du dich nun fragst, wie das bloß sein kann,
liegt das an der sogenannten "bedingten Wahrscheinlichkeit".
Schauen wir mal, wie das funktioniert.
Wenn wir die beiden Frösche sehen,
gibt es mehrere mögliche Kombinationen von männlich und weiblich.
Wenn wir diese alle aufschreiben,
erhalten wir, was Mathematiker den Stichprobenraum nennen.
Wie man sieht,
besteht nur eine der vier möglichen Kombinationen aus zwei Männchen.
Warum war dann die Antwort 75 % falsch?
Weil das Quaken uns eine Zusatzinformation liefert.
Sobald wir wissen, dass einer der Frösche männlich ist,
ist klar, dass es nicht zwei Weibchen sein können.
Damit streichen wir diese Möglichkeit aus dem Stichprobenraum,
und es bleiben drei mögliche Kombinationen.
Eine davon hat immer noch zwei Männchen,
somit bleibt eine Chance von zwei Drittel oder 67 %, ein Weibchen zu erwischen.
So funktioniert die bedingte Wahrscheinlichkeit.
Man beginnt mit einem großen Stichproben- raum mit allen denkbaren Möglichkeiten.
Aber jede Zusatzinformation erlaubt es, Möglichkeiten zu eliminieren,
den Stichprobenraum zu verkleinern
und die Chance einer bestimmten Kombination zu vergrößern.
Das Fazit ist: Information beeinflusst die Wahrscheinlichkeit.
Bedingte Wahrscheinlichkeit ist nicht nur für abstrakte Matheaufgaben gut.
Sie kommt auch in der richtigen Welt vor.
Computer und andere Geräte nutzen sie,
um mögliche Fehler in der Abfolge von Nullen und Einsen zu entdecken,
aus denen alle unsere Daten bestehen.
In vielen unserer eigenen Entscheidungen
nutzen wir Informationen aus vergangenen Erfahrungen und unserer Umgebung,
um unsere Auswahl auf die besten Möglichkeiten einzuschränken.
Nächstes Mal also
können wir es vielleicht von Anfang an vermeiden, den Giftpilz zu essen.