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Übersetzung: Johanna Pichler Lektorat: Angelika Lueckert Leon
Man könnte meinen, ich könnte vieles nicht tun,
weil ich blind bin.
Dies stimmt größtenteils.
Ich habe gerade ein wenig Hilfe benötigt,
um auf diese Bühne zu kommen.
Aber es gibt auch vieles, das ich tun kann.
Hier klettere ich zum ersten Mal.
Ich liebe Sport und treibe viele Sportarten,
wie Schwimmen, Skifahren, Tauchen, Skaten, Joggen usw.
Jedoch immer mit einer Einschränkung:
Jemand muss mir dabei helfen.
Ich möchte unabhängig sein.
Als ich 14 war, verlor ich mein Augenlicht durch einen Schwimmunfall.
Ich war ein lebhafter, eigenständiger Teenager
und plötzlich blind.
Das Schwierigste daran war der Verlust meiner Unabhängigkeit.
Für bislang einfache Dinge benötigte ich jetzt Hilfe.
Eine meiner Herausforderungen waren z. B. Schulbücher.
Damals gab es noch keine eigenen Computer,
kein Internet, kein Handy.
Also musste ich meine Brüder bitten mir vorzulesen,
und meine Bücher selbst in Blindenschrift übersetzen.
Können Sie sich das vorstellen?
Natürlich waren meine Brüder nicht besonders begeistert
und später auch nicht da, wenn ich sie brauchte.
(Lachen)
Ich glaube, sie hielten sich von mir fern.
Ich mache ihnen keinen Vorwurf.
Ich wollte einfach unabhängig von anderen sein.
Dieser starke Wunsch wurde zu meinem Antrieb für Innovation.
Sprung nach vorne Mitte der 1980er.
Ich lernte innovative Technologien kennen
und dachte mir:
Wie kann es sein, dass es keine Computertechnologie gibt,
um Bücher in Blindenschrift zu erstellen?
Diese unglaublichen Technologien
müssten Menschen mit Einschränkungen wie mir
doch helfen können.
In jenem Moment begann meine Erfinderreise.
Ich begann digitale Buchdrucktechniken zu entwickeln,
wie einen digitalen Braille-Editor, ein digitales Braille-Wörterbuch
sowie ein Braille-Bücherei-Netzwerk.
Heute kann jeder sehbehinderte Student
mit Hilfe von Computern und Handys
Schulbücher in Blindenschrift oder mittels Sprachausgabe lesen.
Das wird Sie nicht überraschen.
Heutzutage hat jeder ein digitales Buch auf seinem Tablet.
Die Blindenschrift war jedoch viele Jahre davor bereits digital,
bereits Ende der 1980er, vor fast 30 Jahren.
Die starke Nachfrage von Blinden
ermöglichte damals diese gezielte Entwicklung.
Tatsächlich ist dies nicht das erste Mal.
Die Geschichte zeigt uns: Zugänglichkeit entfacht Innovation.
Das Telefon wurde beim Entwickeln
eines Kommunikationsgerätes für Hörbehinderte erfunden.
Einige Tastaturen wurden erfunden, um Menschen mit Behinderungen zu helfen.
Noch ein weiteres Beispiel aus meinem Leben:
In den 90ern fingen die Leute um mich herum an,
über Internet und Surfen im Netz zu reden.
Als ich zum ersten Mal im Internet war,
war ich erstaunt.
Ich konnte jederzeit Zeitungen lesen
und selbst nach Informationen suchen.
Ich wollte es Blinden daher unbedingt ermöglichen, das Internet zu nutzen,
und habe Wege gefunden, mithilfe künstlicher Sprachausgabe
die Benutzeroberfläche im Netz grundlegend zu vereinfachen.
Dies führte 1997 zu meiner Entwicklung des "Home Page Reader",
erst auf Japanisch und später in 11 Sprachen übersetzt .
Als ich den Home Page Reader entwickelte,
bekam ich viele Kommentare von Benutzern.
An einen erinnere ich mich sehr gut:
"Für mich ist das Internet ein kleines Fenster in die Welt."
Es war ein revolutionärer Moment für Blinde.
Die Online-Welt wurde zugänglich
und diese Technologie, entwickelt für Blinde,
hat viel mehr Möglichkeiten, als ich mir vorstellen konnte.
Man kann damit E-Mails während der Autofahrt abhören
oder ein Rezept beim Kochen anhören.
Heute bin ich zwar unabhängiger,
aber es ist immer noch nicht genug.
Als ich vorhin die Bühne betrat, brauchte ich Hilfe.
Mein Ziel ist es, selbständig auf die Bühne zu kommen.
Und nicht nur hier.
Mein Ziel ist es, zu reisen und die für Sie einfachen Dinge zu tun.
Jetzt zeige ich Ihnen die neusten Technologien.
An dieser Handy-App arbeiten wir gerade.
(Video) Elektronische Stimme: 15 m zur Tür, weiter geradeaus.
ES: Durch die zwei Türen rechts zum Ausgang.
ES: Nick kommt näher. Er sieht fröhlich aus.
Chieko Asakawa: Hi, Nick!
(Lachen)
CA: Wohin gehst du? Du siehst fröhlich aus.
Nick: Ja, meine Hausarbeit wurde anerkannt.
CA: Super! Glückwunsch.
Nick: Danke. Woher wusstest du, dass ich es bin und fröhlich aussehe?
(Chieko und Nick lachen)
Mann: Hi.
(Lachen)
CA: Oh... Hi.
EV: Er redet nicht mit dir, er telefoniert.
EV: Chips.
EV: Dunkle Schokolade mit Mandeln.
EV: Du hast 5 Pfund zugenommen. Nimm den Apfel statt der Schokolade.
(Lachen)
EV: Fast angekommen.
EV: Ziel erreicht.
CA: Jetzt ...
(Applaus)
Danke schön.
Diese App navigiert mich
durch die Analyse von Lichtsignalen und Handysensoren
und erlaubt es mir, mich in jeder Umgebung
selbstständig zu bewegen.
Die Computer-Bilderkennung zeigt, wer näher kommt
und in welcher Stimmung er ist ... daran arbeiten wir noch.
Das Erkennen von Gesichtsausdrücken ist für mich sehr wichtig.
Die Verbindung von Technologien ermöglicht es mir jetzt,
die Welt um mich herum zu sehen.
Wir nennen dies kognitive Unterstützung.
Sie versteht unsere Umgebung
und flüstert mir zu oder sendet Vibrationen an meine Finger.
Kognitive Unterstützung verstärkt fehlende oder geschwächte Fähigkeiten ...
mit anderen Worten, unsere fünf Sinne.
Diese Technologie ist erst in der Entwicklungsphase,
aber irgendwann werde ich den Seminarraum auf der Uni finden,
einen Schaufensterbummel genießen
oder ein nettes Restaurant finden, während ich spazieren gehe.
Es wäre fantastisch, Sie zuerst auf der Straße zu sehen, bevor Sie mich bemerken.
Es wäre mein bester Kumpel und auch Ihrer.
Dies ist eine große Herausfoderung.
Eine Herausforderung, die Zusammenarbeit benötigt,
weshalb wir gerade eine Open Community gründen,
um Forschungsergebnisse zu beschleunigen.
Erst heute Morgen kündigten wir Open-Source-Grundtechnologien
wie eben im Video an.
Die Grenze ist die wirkliche Welt.
Die Gemeinschaft der Blinden erforscht die technischen Grenzen
und ihre Wegweiser.
Ich hoffe, zusammen mit Ihnen diese neue Ära zu erkunden,
sodass ich diese Bühne beim nächsten Mal
mit Hilfe von Technologie und Innovation
selbstständig betreten kann.
Vielen Dank.
(Applause)